„Sollte irgendwann ein Stadionneubau verwirklicht werden, gehe ich nicht mehr ins Stadion. Dafür ist mir der alte Ludwigspark zu sehr ans Herz gewachsen.“ Diese Worte stammen von einer wahren Blau-Schwarzen Legende. Herbert Binkert machte 224 Spiele für den FCS, viele davon im Park. Im Januar 2009 stand dieses Zitat von ihm in einem 11Freunde Interview. Knapp 7 Jahre später wird sich unser ruhmreiches Stadion tatsächlich in seinen wohlverdienten Ruhestand verabschieden.
Für viele ist das heute ein notwendiger Schritt um konkurrenzfähig zu sein, mindestens genauso viele wollen diesen besonderen Ort aber nur ungern „hergeben“. Völlig gleich zu welchem Lager ihr gehört, mit diesem Stadion ist jeder von uns aufgewachsen und hat ganz besondere Momente erlebt. Doch die Geschichte des Ludwigsparkstadions geht viel weiter zurück als manch einer denkt. Bereits 1919, also nur 16 Jahre nach der Gründung des Vereins, gab es die Eröffnung des Stadions. Es war allerdings noch der alte Park, der am 07.08.1919 eingeweiht wurde. Dennoch, er stand bereits an der exakt gleichen Stelle wie der heutige, auch wenn es zu diesem Zeitpunkt noch einen Hartplatz gab und eine Tribüne hatte er auch noch keine. Unterhalb davon war zudem noch ein kleiner Weiher, etwa dort wo viele Jahre das VIP Zelt stand. Gegner an jenem Tag war übrigens der SV Wiesbaden, der die Partie mit 4-1 gewann. Bis zum 2. Weltkrieg blieb der „Lupa“ auch mehr oder weniger die Heimspielstätte der Molschder, im Krieg wurde er dann allerdings vollständig zerstört.
Die Geschichte des FCS ist also eng mit dem Namen Ludwigspark verbunden. Doch wie kam es eigentlich einst zu diesem Namen? Dafür müssen wir zurück ins 18. Jahrhundert. Zu diesem Zeitpunkt war Saarbrücken Sitz der Fürsten von Nassau Saarbrücken. Der bekannteste dieser Regenten war Wilhelm Heinrich. Dessen Sohn Ludwig hatte neben seiner angetrauten Ehefrau noch eine Geliebte, die im Volksmund nur „Gänsegretel von Fechingen“ genannt wurde. Ihr zu Ehren ließ Fürst Ludwig außerhalb der Tore Saarbrückens 1769 von Generalbaumeister Friedrich Joachim Michael Stengel das Lustschloss Ludwigsberg errichten. Am 07.10.1793 wurde die große Anlage, bestehend aus Schloss und Park, von französischen Revolutionstruppen in Trümmer gelegt. Geblieben ist nur der Name Ludwigspark.
So war es also keine Frage, dass auch die neue Spielstätte diesen Namen tragen sollte. Doch davon war man nach dem Ende des Krieges erst mal weit entfernt. Der FC spielte zu dieser Zeit auf dem Kieselhumes. Erste Baumaßnahmen gab es zwar, so richtig voran ging es aber zunächst nicht. Erst mit dem sportlichen Erfolg um die deutsche Vizemeisterschaft kam Bewegung in die Bauarbeiten.
Am 02.08.1953 sollte es dann soweit sein, das Ludwigsparkstadion wurde zum 50-jährigen Vereinsjubiläum offiziell eröffnet. Das erste Sportereignis war allerdings der Leichtathletik Länderkampf zwischen Deutschland und der Schweiz und nicht wie man vermuten könnte ein Fußballspiel. Das folgte erst im Anschluss mit der Partie des 1. FC Saarbrücken gegen Rot-Weiß Essen. Die Hausherren entschieden dieses Spiel vor 30.000 Zuschauern mit 3-1 für sich.
Aber es gab noch weitere Planungen rund um den Ludwigspark. Neben den bereits gebauten Tennisplätzen wollte man noch ein weiteres Stadion hinter dem Park bauen, indem 8.000 Menschen einen Platz finden sollten. Auch weitere Ascheplätze waren geplant, die zwei vorhandenen wurden von drei Mannschaften genutzt, der Jugendabteilung vom FC, der SV Rußhütte und dem Turnverein Malstatt. Dem FCS war das ein Dorn im Auge. Vor allem der Bau des Sportfelds war dem Verein sehr
wichtig und das hatte verschiedene Gründe. Zum einen wäre es auf Dauer zu teuer gewesen jedes Spiel im großen „Lupa“ auszutragen, zum anderen wollte man ein „eigenes“ Stadion besitzen. Eröffnet wurde das FCS-Sportfeld-Ludwigspark dann am 18.09.1955, bis zu einem regelmäßigen Spielbetrieb dauerte es aber noch knapp 3 Jahre.
Das erste große Spiel erlebte der noch junge Ludwigspark ein knappes halbes Jahr nach der Eröffnung. Am 28.3.1954 war die deutsche Fußballnationalmannschaft zu Gast. In Saarbrücken war an diesem Tag Ausnahmezustand und so stand im Stadionheft es sei der „größte Fußball-Festtag an der Saar“. 53.000 Zuschauer pilgerten ins Stadion, bis heute der höchste offizielle Besuch. Es ging um die Qualifikation zur WM 1954 in der Schweiz. Mit einem Sieg wäre das Saarland punktgleich mit der Bundesrepublik gewesen und es wäre zu einem Entscheidungsspiel gekommen. Das Spiel endete letztendlich aber mit 3-1 für Deutschland, die damit zur WM fuhren und dort später den Titel holten (eine Zusammenfassung des Spiels gibt es sogar noch bei YouTube
https://www.youtube.com/watch?v=hf0VWnvSJr0). Dem Saarland blieben an diesem Tag nur die Komplimente, so meinte zum Beispiel der Trainer Ungarns die Gastgeber seien die bessere Mannschaft gewesen. Insgesamt fanden 8 Länderspiele des autonomen Saarland im Ludwigspark statt, nur eins konnte gewonnen werden. Am 09.10.1955 wurde Frankreich B vor 25.000 Zuschauern mit 7-5 geschlagen.
Zu Beginn der 60er trug dann erstmals eine andere Vereinsmannschaft ihre Heimspiele im Park aus. Borussia Neunkirchen versuchte 1960, 1962 und 1963 in Saarbrücken das Endspiel um die deutsche Meisterschaft zu erreichen, scheiterte aber in allen drei Anläufen. Gut besucht waren diese Spiele aber allemal, so erreichte man 1963 einen Schnitt von 40.000 Zuschauern bei diesen 3 Spielen, unter anderem kamen 42.000 gegen den BVB. Es sollte aber nicht das einzige Mal bleiben, dass eine andere Mannschaft für einige Heimspiele im Ludwigspark unterkam. 1964 und 1972 spielten erneut Borussia Neunkirchen und Röchling Völklingen ihre Aufstiegsspieler zur Bundesliga in der Landeshauptstadt, 2013 kam die SV Elversberg für einige Monate und ganz aktuell weichen Saar 05 und wiederum die SV Elversberg an die Camphauser Straße aus. Aber auch Musik- (u.a. Queen), Leichtathletik- und bis zuletzt Football Fans sollten hier lange Zeit auf ihre Kosten kommen. Letztendlich wird das Ludwigsparkstadion aber immer mit dem 1. FC Saarbrücken in Verbindung gebracht und umgekehrt.
So auch im Jahr 1961 als der FCS um die deutsche Meisterschaft kämpft. Bei der 2-3 Niederlage gegen den HSV strömten 46.000 Zuschauer in den „Lupa“, Zeitzeugen sprechen sogar von 54.000. Weder davor noch danach kamen mehr Menschen zu einem Pflichtspiel der Blau-Schwarzen. Der höchste (offizielle) Besuch bei einem Ligaspiel gab es am 09.04.1967 als 40.000 den 1-0 Sieg von Borussia Neunkirchen bei den Malstättern miterlebten. Den größten Zuschauerzuspruch erlebte der Ludwigspark Mitte der 70er. In der gerade erst neu gegründeten zweiten Liga kamen zum Beispiel 35.000 gegen den KSC oder 36.000 gegen den 1. FC Nürnberg. Das größte Spiel das der Park jemals sah, folgte auch in diesem Zeitraum, es war am 16.4.1977.
Niemand geringeres als der FC Bayern München gab sich an diesem Samstagnachmittag die Ehre. Der FCS kämpfte gerade um den Klassenerhalt und hatte 4 Tage zuvor erst den HSV mit 3-2 geschlagen, die Mannschaft um Torwart Dieter Ferner wollte mit aller Macht den Klassenerhalt. 39.000 Zuschauer kamen ins Stadion um die Mannschaft bei diesem Vorhaben zu unterstützen, sie sollten aber unerwartet historisches erleben. Roland Stegmayer traf gegen den großen Sepp Maier viermal und sorgte entscheidend dafür, dass die Blau-Schwarzen sensationell mit 6-1 siegten. Es ist bis heute das wohl größte Spiel der Vereinsgeschichte, der Rekordmeister dagegen musste selten eine höhere Niederlage einstecken. Am Ende dieser Saison stand neben dem Schnitt von 28.794 auch der einzige Klassenerhalt in der Bundesliga für die Blau-Schwarzen.
Im darauffolgenden Jahr, 1978, gibt es dann die größte Veränderung am Stadion. Innerhalb von nur 100 Tagen wurde die Gegentribüne gebaut. Bereits fünfzehn Jahre vorher installierte man die Flutlichtanlage nachträglich und feierte ihre Einweihung mit einem Spiel gegen den FC Santos um Superstar Pelé. 1985 dann eine weitere Veränderung. Beim Länderspiel Deutschland gegen Malta wird die, zu diesem Zeitpunkt, modernste Anzeigetafel Deutschlands eingeweiht. Viele Jahre später suchte der FCS öffentlich einen auf 8 Megahertz herunter fahrbaren 286er Computer um die Anzeigetafel wieder zum Laufen zu bringen. Heute ist sie zwar nicht mehr die modernste Anzeigetafel aber mit großer Sicherheit eine der kultigsten.
Noch im selben Jahr erlebte der FCS eine zweite sportliche Hochphase im Ludwigspark. Gegen den amtierenden Meister VfB Stuttgart konnte man ein Rückspiel im DFB-Pokal erzwingen. Die Schwaben gingen aber zunächst durch einen Fallrückzieher von Kempe in Führung, das Tor sollte später die Auszeichnung „Tor des Monats“ erhalten. Ein gewisser Jürgen Klinsmann brachte den VfB dann erneut in Führung, ehe Blättel 3 Minuten vor Schluss den 2-2 Ausgleich besorgte. Die Blau-Schwarzen kämpften sich ins Elfmeterschießen, wo den Gästen offensichtlich die Nerven verloren gingen. Alle 3 Elfmeter wurden verschossen und so zog der FC mit einem 5-2 ins Halbfinale ein. Erst dort scheiterte man am späteren Sieger Bayer Uerdingen, aber das größere Highlight folgte noch. Als Tabellendritter erreichte man die Relegation zur Bundesliga, Gegner war Arminia Bielefeld. Die Blau-Schwarzen setzten sich vor 15.000 Zuschauern mit 2-0 durch. Das Rückspiel auf der Alm endete 1-1 und die Rückkehr ins Oberhaus war perfekt.
Relegationserprobt war der Park also schon mal und es sollte nicht das einzige Mal sein das hier die Entscheidung über die Bundesligazugehörigkeit fällt. Denn was das Olympiastadion in Berlin für das DFB-Pokal Finale ist, war in diesen Jahren das Ludwigsparkstadion für die Relegation. Von 1988 bis 1990 war sie dreimal in Folge im „Lupa“ zu Gast. War es 1989 und 1990 der FCS selbst, der erst gegen Frankfurt und dann gegen Bochum scheiterte, spielten 1988 Darmstadt und Mannheim um den Aufstieg bzw. Klassenerhalt. Nach Hin- und Rückspiel stand es insgesamt 4-4 und zu dieser Zeit fand bei dieser Konstellation ein Entscheidungsspiel auf neutralem Boden statt. Am Ende setzte sich Waldhof Mannheim im Elfmeterschießen durch, bis heute das einzige Mal das der Sieger der Bundesligarelegation so ermittelt werden musste.
34 Jahre nach dem einzigen Gastspiel der Blau-Schwarzen im Europapokal der Landesmeister fand 1989 dann tatsächlich noch ein Spiel des wichtigsten europäische Vereinswettbewerb im Ludwigsparkstadion statt. Die Molschder spielten einst bekanntlich auf dem Kieselhumes das Rückspiel gegen den AC Mailand, im Park wurde eine neue Rasendecke angelegt. Am 13.09.1989 war es dann Spora Luxemburg die in Saarbrücken auf höchster europäischer Ebene ihr Glück versuchten. Der Gegner war immerhin ein großer, das Starensemble von Real Madrid war im Saarland zu Gast. 6.000 Menschen sahen aber einen am Ende Chancenlosen „Gastgeber“.
Drei Jahre später erlebte der Ludwigspark sein letztes Gastspiel in der Bundesliga. In der Saison 1992/1993 feierte der FCS unter anderem Siege vor 31.000 Zuschauern gegen Kaiserslautern, als ein gewisser Eric Wynalda mit zwei Treffern seinen wohl größten Moment in Blau-Schwarz feiert oder vor 27.500 gegen den BVB. Dennoch stieg der FCS nach einer langen negativ Serie am Ende der Saison, mit einem Zuschauerschnitt von 23.267 pro Heimspiel, ab. Das letzte Bundesligaspiel fand am 29.5.1993 gegen den VfB Stuttgart statt.
Danach gab es nur noch vereinzelte Highlights im Park. 1998 zum Beispiel als man, inzwischen als Drittligist, den BVB vor 34.000 Zuschauern nach großem Kampf ins Elfmeterschießen zwang oder zwei Jahre später, als zum Spitzenspiel gegen Siegen bzw. zum vermeintlichen Aufstiegsspiel gegen Elversberg in der 3. Liga über 20.000 kamen. Doch die große Zeit des FCS und des Ludwigspark war nun vorbei. Die nächsten „großen“ Spiele fanden dann Mitte der 2000er statt. 2004 setzte man sich in einem dramatischen Spiel gegen Schweinfurt durch und feierte den letzten Aufstieg in die zweite Liga, wo man ein Jahr später in einem alles oder nichts Spiel gegen Eintracht Trier den Klassenerhalt feierte. Beide Male sollten über 20.000 Menschen im Stadion anwesend sein.
2008 erlebte der Park dann seinen traurigsten Moment. Der FCS kam, mit seinem inzwischen über 50 Jahre alten Stadion, in den Niederungen des Fußballs an. Bedeutete die Oberliga Südwest einst noch Spitzenfußball, so war sie in der Gegenwart nur noch Fünftklassig. Trotzdem pilgerten zu einem Spiel fast 10.000 Leute in die alte Traditionsstätte. Den organisatorisch traurigsten Moment erlebte der Ludwigspark dann 4 Jahre später. Zum DFB-Pokal gegen Schalke 04 kommen bei über 40 Grad 28.000. Am Ende sprach aber niemand mehr über das Spiel, das Getränkechaos war das beherrschende Thema nach der Partie.
2013 war das Ludwigsparkstadion dann das letzte Mal Schauplatz auf der großen deutschen Fußballbühne. Nach Siegen über Bundesligist Werder Bremen und Zweitligist SC Paderborn wartete in der dritten Runde der BVB. Der FCS war in der Liga gerade in einer tiefen sportlichen Krise und hatte während der Saison bereits den Trainer gewechselt. Dennoch waren alle Karten innerhalb weniger Tage sofort vergriffen und so war der Park am 03.12.2013 das letzte Mal in seiner langen Geschichte ausverkauft. Wir gehen hier mal davon aus, dass gegen Steinbach keine 30.000 kommen. Eineinhalb Jahre später, im Mai 2015, wurde dann zum letzten Mal eine fünfstellige Zuschauerkulisse erreicht, im Relegationshinspiel zur dritten Liga gegen die Würzburger Kickers kamen (inoffiziell) 15.000 Zuschauer.
Von einem 6-1 gegen Bayern München bis zu einem 1-5 gegen Pfullendorf hat der Park alles erlebt, von Gummi Mayer Landau im ASV bis zur deutschen Nationalmannschaft alles gesehen. Er hat viele Aufstiege mitgemacht und mindestens genauso viele Abstiege. Wir alle haben hier große, emotionale Momente erlebt, sind aber auch schon oft völlig frustriert nach Hause. Viele Jahre, bei einigen sogar Jahrzehnte, hat er uns begleitet. Nach über 62 Jahren setzt er sich nun zur Ruhe.
Lieber Ludwigspark, schön dass du da warst, wir werden dich nie vergessen!